„Wie wärs“, fragte mein Pferd, „wenn du mal für eine Stunde alles vergisst?“
„Alles vergessen?“, antwortete ich. „Meinen Kummer, meinen Schmerz, meine Sorgen, den Druck, den ich verspüre, wie soll das gehen?“
„Sei einfach bei mir, schau dich um, schau mich an, rieche mich, spüre mich, höre mich, und wenn du ganz bei mir bist, dann bist du auch bei dir.“
„Ich bekomme es aber nicht aus meinem Kopf!“ entgegnete ich verzweifelt. „Du hast gut Reden. Du bist ein Pferd und musst dich um nichts sorgen, was ich nicht für dich erledige.“
„Du selbst bist meine Sorge“, sprach mein Pferd, „denn wir sind schicksalhaft miteinander verbunden. All das, was du für mich entscheidest, bestimmt mein Leben. Und wenn dein Handeln im Druck geboren wird, so bleiben wir beide ewig auf der Flucht vor unsichtbaren Feinden. Sie heißen Angst, Unzufriedenheit, Kummer, Schmerz und besitzen noch viele andere Namen.“
„Ich kann sie nicht wegzaubern“, antwortete ich schon etwas wütend.
„Das sollst du auch nicht, das kannst du auch nicht“, sagte mein Pferd, „aber du kannst lernen, im Hier und Jetzt zu sein, achtsam zu sein. Wenn du es bist, so kann ich mich fallen lassen. Du siehst mich Kauen und Schlecken. Das ist das geheime Zeichen. Ich kann mich nur fallen lassen, wenn du es tust.“
„Und was ist dann mit der Last auf meiner Seele? Sie ist nicht fort.“
„Nein, keinesfalls!“ lächelte mein Pferd, „aber in jedem Moment Achtsamkeit wachsen die Muskeln deiner Seele und du kannst deine Last leichter tragen und ertragen.“
Verfasser Hellmut Dillmann
DAS PFERD, DER SPIEGEL UNSERER SEELE